Ich bin verpflichtet mich "Arbeitssuchend" zu melden, sobald mein Kündigungstermin bekannt ist. Bei befristeten Arbeitsverträgen ist das sogar schon 3 Monte im vorraus zu tun.
Nachdem ich letzte Woche schon einmal vergeblich vorgesprochen hatte, man sollte auch immer beweisen können, wo man wohnt, sonst weiß das Amt ja nicht, ob es für einen zuständig ist, bin ich heute zu einem zweiten Versuch aufgebrochen.
Mit im Gepäck ein vollständig ausgefülltes "Arbeitspaket Teil 1", das einen Lückenlosen Abriss über mein bisheriges Schul- und Arbeitsleben enthält.
Am Empfang zeige ich nun schon zum 3. Mal meinen Ausweis. Meine Erklärungen, die den Grund meines Erscheinens vermitteln sollen stoßen auf taube Ohren. Nach 10 Minuten werde ich mit einem kleinen gelben Zettel und folgenden Anweisungen entlassen: "Gehen Sie in den zweiten Stock, begeben sich da in den Wartebereich und Sie werden namentlich Aufgerufen.". Ich bedanke mich freundlich und schlendere in den Aufzug. Im Aufzug fällt mein Blick auf die besagte gelbe Karte und ich finde folgende Aufschrift: "Gehen Sie in den zweiten Stock, begeben sich da in den Wartebereich und Sie werden namentlich Aufgerufen."
Nachdem ich erst kürzlich "Das Schloß" von Kafka gelesen habe, wird es mir nun mulmig. Ich will die gelbe Karte loswerden, zum Einen weil sie mich in meiner Eigenschaft als Mensch auf ein zu verwaltendes stumpfsinniges Etwas herabsetzt und zum anderen, weil ich mir die Instruktionen durchaus merken konnte. Verwirrt erreiche ich den zweiten Stock und begebe mich da in den Wartebereich.
Reges Treiben um mich herum, Leute kommen und gehen. Sachbearbeiter schieben Menschen, Akten und Kaffeetassen durch das weiträumige Büro. Die Schreibtische sind peinlich sauber und aufgeräumt und mir kommt der Verdacht, dass die obligatorischen Zimmerpflanzen nach DIN aufgestellt sind.
Ich werde mit einem leisen, kaum zu hörenden "Herr Kellermann" aufgerufen. Die Frau, die einen Zettel mit meinem Namen vor sich hält und diesen nun zum dritten Mal vorliest, bemerkt mich erst, als ich vor ihr stehe. "Kommen Sie bitte mit" lautet die lapidare Begrüßung und Handelsanweisung in einem. Als nächstes muss ich meinen gelben Zettel abgeben, der fein säuberlich auf einem Stapel mit weiteren gelben Zetteln abgelegt wird.
Nun sitze ich mit der wohl mit abstand schlechtestgelaunten Sachbearbeiterin dieses Stockwerkes am Tisch, jedenfalls die, die man noch auf die Menschen losgelassen hat. Auf Verlangen überreiche ich ihr mein "Arbeitspaket Teil 1" und versuche Ihr meine Situation auseinanderzusetzen. Leider bringe ich sie damit aus dem Konzept, sie versucht verzweifelt eine Eingabe in ihr Terminal zu tätigen, die aus mir unverständlichen Gründen nicht gelingen will. Dabei wirken ihre Mundwinkel verkrampft und missgelaunt, die schmalen Lippen bilden einen bleichen, dünnen Strich.
Erst später erkenne ich, den wahren Grund dieser unheimlichen Zusammenkunft. Auf meine anfangs zaghaften, nachher aus Langeweile geborenen Fragen, was nun der nächste Schritt in der Bürokratie wäre, kam zuerst nur undeutlich artikulierte Laute, später eisernes Schweigen. Ich beginne mich umzusehen. Um mich herum lauter junge, freundlich und aufgeschlossen wirkende SachbearbeiterInnen, die ihren "Kunden" erklären, was gerade zu bearbeiten ist. Bei mir hingegen herrscht auch nach 20 Minuten eiskaltes Schweigen.
Hier kommt eine kleine Abwechslung ins Spiel: Bei den Datumsangaben über meine bisherigen Arbeitgeber, war sehr wenig Platz, um alle Daten einzutragen. Zudem war mein Stift wohl ein wenig zu dick für solch filigrane Formulare. Meine Sachbearbeiterin konnte es nicht lesen. Mit den Worten "Das kann ich nicht....Was...?" und einem pochenden Finger auf das Papier blickte sie mich auffordernd an. Ich entschuldige mich etwas perplex ob der spontanen Wortmeldung wegen meiner Handschrift, nenne ihr die richtigen Daten und biete ihr an, das Formular zu Ende vorzulesen.
Nach weiterem eisernen Schweigen kommt die Feststellung: "Damit haben sie aber kein Anrecht auf ALG 1". Ich nicke. "Wollen Sie dennoch Leistungen beantragen?". Ich blinzle und frage, ob ich denn welche bekäme. "Nein natürlich nicht." Aha. "Wollen Sie Leistungen beantragen?" Nun komme ich mir komisch vor und versuche die Sache zu beenden. Nein ich will nicht. "Ah gut, sie würden nämlich keine bekommen". Verwirrt nicke ich abermals und harre der Dinge die da noch kommen.
Nach weiteren 10 Minuten vereinbart sie einen Termin für mich zur weiteren Beratung. Auf die Frage, was denn an diesem Termin besprochen werden soll, nachdem ich mich ja bewerbe und evtl mein Vertrag verlängert wird, weiss sie nach einiger Überlegungszeit die Antwort: "Naja, falls sie noch fragen haben, können sie diese an ihrem Beratungstermin stellen." Damit ist dieser Termin beendet und ich werde entlassen. Mit einer Anwesenheitsbestätigung verlasse ich irritiert das Gebäude.